top of page

Churchill und Wapusk Nationalpark im Winter

 

2.3.16 – Oh Canada…

 

Per Flug ging es von Hannover über Amsterdam und Toronto bis nach Winnipeg. Bereits vor dem Abflug bereitete das Fotoequipment erste Schwierigkeiten. Alle Akkus mussten aus dem Gepäck genommen und ins Handgepäck umgeladen werden. Dieses wurde dann bei der Sicherheitskontrolle auf Sprengstoff getestet. Als alles ordnungsgemäß verstaut und vom Zoll als sicher gestempelt worden war, konnte es also losgehen, auf den Weg ins Land der Eisbären.

Der Langstreckenflug war angenehm. Über Grönland hingen leider dicke Wolken, sodass der erhoffte tolle Ausblick uns verwährt blieb. In Toronto ging die Einreise und die erneute Gepäckkontrolle durch den Zoll reibungslos und so gönnten wir uns zur Feier des Tages das erste kanadische Bier mit dem sympatischen Namen „Barking Squirrel“.

Nach einem weiteren 2,5-stündigen Flug landeten wir schließlich in Winnipeg. Wir quartierten uns im 4 Points Hotel direkt gegenüber vom Flughafen ein, denn am nächsten Morgen sollte es frühzeitig weiter gehen.

 

3.3.16 – In den Norden!

 

Um 4:30 klingelte der Wecker. Wegen der 7-stündigen Zeitverschiebung fühlte sich das aber gar nicht so schlimm an und so saßen 4 muntere Reisende voller Vorfreude auf die bevorstehenden Abenteuer um 06:00 Uhr beim zünftigen Frühstück im Flughafen-Café. Der Flieger nach Churchill war größer als erwartet. Seit einem 3/4 Jahr werden hier Jets mit Platz für rund 70 Passagiere eingesetzt. Auch unsere insgesamt 10 Gepäckstücke wurden problemlos mitgenommen. Sehr komfortabel, sogar mit einem zweiten Frühstück ging die Reise also weiter bis nach Churchill.

 

Der kleine Ort an der Hudson Bay zählt ca. 900 Einwohner. In der „Bear Season“ im Herbst brummt der Ort, aber jetzt im März ist es ruhig und beschaulich. Am Flughafen stand bereits unser Mietwagen – ein großer Ford Pickup – bereit. Knackige -26 Grad, Sonne und ein strahlend blauer Himmel machten einen guten ersten Eindruck. Nobert Rosing war seit 1987 unzählige Male in Churchill. Er kennt im Ort Jeden und Jeder kennt ihn. Wo immer wir hin kamen – Händeschütteln, herzliche Umarmungen und fröhliche Gesichter. Norbert war seit 8 Jahren nicht in Churchill und so war die Wiedersehensfreude auf beiden Seiten besonders groß.

Der erste Weg im Ort führte uns in einen Laden, wo wir Ausrüstung mieten konnten. Nachdem alle mit warmen Parkas, Boots, Mützen und Handschuhen ausgestattet waren, machten wir erste Aufnahmen und stellten sehr schnell fest, dass die Kamerakkus sich bei der Kälte extrem schnell entleeren, dass Touch-Sreens eine große Herausforderung darstellen und iPhones für solche Temperaturen überhaupt nicht gemacht zu sein scheinen. Trotzdem kamen die ersten guten Bilder in den Kasten.

Churchill

 

Nach dem Frühstück durften wir Brian Ladoon auf den täglichen Besuch bei seinen Hunden begleiten. Brian ist einer der sehr wenigen Züchter von Canadian Eskimo Dogs, einer ursprünglichen Hunderasse, die Anfang der 1970er Jahre fast ausgestorben war. Brian setzt sich mit Herz und Seele für den Erhalt dieser bemerkenswerten Rasse ein, die sich durch extreme Zähigkeit, Stärke und ein freundliches Wesen auszeichnet. Eine weitere Besonderheit ist, dass sich die Hunde mit Eisbären angefreundet zu haben scheinen. Die Bilder von den miteinander spielenden Bären und Hunden gingen um die Welt. Den Rest des Tages verbrachten wir mit Fotografieren in und rund um den Ort und netten Gesprächen mit Einheimischen.

 

5.3.16 – Der Sauna-Zug

 

Ich hatte Brian angeboten, ihm beim Füttern der Hunde zu helfen. Gesagt getan und ehe ich mich versah, fand ich mich bei -28°C auf der Ladefläche eines Pickups sitzen, von wo aus ich den Hunden während der Fahrt gefrorene Fleischbrocken zuwarf. Nach einer halben Stunde waren alle Hunde zufrieden damit beschäftigt, ihre Tiefkühlmahlzeit zu verzehren. Während der Rückfahrt in den Ort erzählte Brian viel Interessantes über das Leben an der Hudson Bay und den richtigen Umgang mit der Kälte. Sehr interessant und sehr lehrreich!

Am Abend fuhren wir mit dem „Sauna-Zug“ – darin herrschten mindestens +30 Grad. Nach ca. 2 Stunden hielt der Zug mitten in der Wildnis an und wir stiegen in Kettenfahrzeuge um, die uns in weiteren 45 Minuten zur Wat‘Chee Lodge brachten.

 

6.3.16 – Wundervolle Aurora Borealis

 

Nach einem deftigen Frühstück wurden 4 Kettenfahrzeuge mit Fotoequipment und warm eingepackten Gästen beladen. Dann ging die Fahrt ratternd und schaukelnd mitten in die Wildnis hinein. Zwei Guides waren auf Motorschlitten unterwegs und suchten nach Bärenspuren, während sich unsere Trucks ihren Weg durch die tief verschneite Landschaft bahnten. Nach ca. 1,5 Stunden kam der Funkspruch, dass eine Bärenhöhle gefunden wurde. Die Trucks fuhren zu der entsprechenden Stelle und parkten knapp 100 m vor der zugeschneiten Höhle. Stative wurden aufgebaut, Kameras eingestellt und mit kleinen Deckchen und Jäckchen bekleidet um nicht einzufrieren. Dann begann das große Warten. Einige ganz hart Gesottene standen bei ca. -25°C, mit Windchill ca. -40°C draußen um bei einer Bewegung sofort schussbereit zu sein. Die meisten saßen aber bald wieder im warmen Fahrzeug und wärmten sich bei Suppe und Kaffee auf. Ca. 5 Stunden blieben wir an der Höhle, aber Mama Eisbär zeigte sich nicht. Trotzdem war es ein schöner Tag mit herrlichem Wetter, netten Gesprächen und einigen kreativen Fotos in wunderschöner Schneelandschaft. Zurück in der Lodge war gerade genug Zeit für eine schnelle Dusche – in Form einer Wasserschüssel in der Sauna – und einen kleinen Snack, dann waren sie da: Nordlichter, aber was für welche! Den ganzen Abend leuchteten sie in allen Formen und Farben, ein faszinierendes Schauspiel.

 

 

7.3.16 – BÄREN

 

Angeblich gehen Bärenmütter gerne mit ihren Jungen auf Wanderschaft, wenn am Abend zuvor die Nordlichter am Himmel getanzt haben. Die Vorzeichen standen also gut und der Tag begrüßte uns mit blauem Himmel und Sonne satt bei knackigen -27°C (Windchill -39°C). Nach dem Frühstück ging es in die Kettenfahrzeuge und ab in die Tundra. Bereits kurz vor dem Lunch gingen Funksprüche hin und her und wir bekamen die Ansage, unsere Suppe schnell zu löffeln. Dann die Bestätigung per Funk: Eine Bärin mit zwei Jungen wurde gesichtet. Wer noch nicht aufgegessen hatte, kippte die restliche Suppe in den Schnee und schon wenige Minuten später bot sich uns ein Schauspiel der Superlative. Die Bärenmutter hatte es sich mit ihren beiden Jungen auf einer kleinen Anhöhe bequem gemacht und ließ sich überhaupt nicht aus der Ruhe bringen als sich 20 Personen nur ca. 100 m entfernt mitsamt Stativen und Kameras aufbauten. Die Bärin hob nur kurz den Kopf, schnupperte in die Luft und entschied offensichtlich, dass keine Gefahr bestand. Während der nächsten 5 1/2 Stunden beobachteten und fotografierten wir die kleine Bärenfamilie. Die kleinen Racker balgten sich und turnten auf ihrer Mutter herum. Wenn sie müde wurden, kuschelten sie sich an ihre Mutter und gruben ihre kleinen Körper in das flauschige Fell. Als sie wieder wach wurden, wurden sie gesäugt und begannen gleich wieder zu spielen, solange bis sie sich erschöpft wieder einkuschelten und schliefen. Während die Bären ganz entspannt ihrem Alltag nachgingen, wurden wir Fotografen auf Organisation und Durchhaltevermögen getestet. Akkus machten in der Kälte schlapp, Speicherkarten waren voll und nach einigen Stunden machte sich die Kälte trotz 4 Kleidungsschichten und Wärmepacks in den Schuhen bemerkbar. Um 17:45 Uhr verließ die Bärenfamilie schließlich den Platz und „erlöste“ die eingefrorenen Fotografen. Am Abend war die Stimmung bestens, ich denke, dass heute alle voll auf ihre Kosten gekommen und großartige Fotos entstanden sind.

 

 

8.3.16 – Kleine Verschnaufpause

 

Über Nacht waren die Temperaturen gestiegen. -19°C, Windchill -27°C. Der Himmel war bedeckt und die Sonne hinter einem Wolkenschleier nur zu erahnen. Das Licht war viel weicher als zuvor und die Landschaft wirkte ganz anders, karg und etwas trostlos. Den Bären gefiel das Wetter offensitchtlich auch nicht besonders, sie ließen sich den ganz Tag nicht blicken. Wir nutzen die Zeit für einige Kreativ-Bilder, nette Gespräche und einen Mittagsschlaf auf dem Rücksitz des Trucks. Am Abend war es immernoch bedeckt, so dass die Nordlichter sich ebenfalls nicht blicken ließen. So kann es gehen, jeder Tag ist anders.

 

9.3.16 – Wiedersehen mit Familie BÄR

 

Ein weiteres Mal ging es mit den Schneefahrzeugen hinaus in die Tundra. Ein paar Stunden lang wurden keine Spuren gefunden und zum Mittag hatten wir das Gefühl, dass der Tag nicht mehr viel bringen würde. Aber dann kam die Nachricht, dass Morris die Bärenfamilie wieder gefunden hatte. Leider war diese ziemlich weit weg, so dass nicht klar war, ob wir sie erreichen können. Wir wollten es aber auf jeden Fall versuchen und es war klar, dass es ein langer Tag werden würde. Ca. 1,5 Stunden später waren alle Zweifel schlagartig vergessen, denn wir fanden die Bärin mit ihren zwei Jungen, wie sie ganz entspannt auf einem kleinen Hügel neben ein paar Sträuchern lag. Die kleinen tobten herum und wir bekamen wieder tolle Bilder. Mein letzter Abend in der Lodge klang bei dem einen oder anderen Glas Wein, netten Gesprächen und mit viel Lachen aus. Die Wat‘Chee Lodge ist schon ein sehr spezieller Ort, nach wenigen Tagen fühlt man sich ein bißchen wie eine Großfamilie.

 

10.3.16 – Zurück in die Zivilisation – ein bißchen wenigstens

 

Um 5:30 ging es mit Sack und Pack ein letztes Mal in den Schnee-Truck und damit mitten in die Pampa, wo der Zug an einer vereinbarten Stelle anhält. Nach 2 Stunden Zugfahrt war ich zurück in Churchill. Ich bezog mein Zimmer im Tundra House Hostel und atmete erst einmal durch. Nach 8 Tagen gemeinsamen Reisens war ich erstmals allein. Naja, so allein wie man eben in einem Backpacker Hostel ist. Kurze Zeit später hatte ich bereits die meisten anderen Hostel-Bewohner – einen Polen und ein paar Kanadier – kennen gelernt. Trotzdem war es ein entspanntes Gefühl, für mich zu sein und selbst zu entscheiden, was ich machen möchte. Sowas wie Urlaub ? Den Vormittag verbrachte ich mit Bummeln und einem Besuch im Eskimo Museum. Beim späten Mittagessen in Gypsy’s Bakery traf ich zufällig den Polen aus dem Hostel und er bot mir an, ihn in seinem Mietwagen zu begleiten. Wir fuhren zum Dogyard von Dave Dayle und dann zu einem Turm, von dem aus man einen guten Ausblick auf die Landschaft rund um den Churchill River hat. Wir blieben bis zum Sonnenuntergang und fuhren dann zurück in die Stadt um eine Kanadierin und ihren Freund – 1/2 Kanadier, 1/2 Finne – einzusammeln. Zu viert fuhren wir wieder aus der Stadt heraus um Nordlichter zu suchen. Die ließen zum Glück nicht lange auf sich warten. Wir bekamen einige gute Bilder und fuhren fröstelnd, aber zufrieden zurück zum Gypsy‘s zum Abendessen. Ein schöner, entspannter Tag ließ sich in netter Gesellschaft bei einem Bier ausklingen.

 

 

11.3.16 – Churchill

 

Um 9 Uhr sammelte Brian mich zum Hundefüttern ein. Heute hatte er zwei weitere Helfer dabei, so dass ich gar nicht viel tun musste und einfach zuschauen und mit Brian plaudern konnte. Wir versuchten zu viert, einen von zwei Hunden einzufangen, die frei auf dem Dogyard herum liefen, aber sie waren zu schnell und zu clever. Eine Hündin wird bald läufig und dann ist es ein Problem wenn sie frei herum läuft. Die zwei Jungs waren sehr interessiert, wie es in Deutschland ist und stellten die für sie wichtigen Fragen: „Gibt es Eishockey? Gibt es Wildlife?“

Am Nachmittag traf ich meinen polnischen Mitbewohner und wir gingen zu der Canadian Royal Legion, weil es dort heute eine typische kanadische Veranstaltung gab – ein Meat Draw. Man kauft Tickets, schmeißt sie in eine Losbox und wenn das Ticket gezogen wird, gewinnt man ein Paket Fleisch. Das wird auf dem Land viel gemacht und ist beliebt, weil Fleisch teuer ist. Ein Los kostet einen Dollar, also kann man sehr günstig gutes Fleisch bekommen. Außerdem gibt es Getränke zu erschwinglichen Preisen, was den Ort bei Einheimischen wohl zusätzlich beliebt macht. Am Abend gab es an der Bucht noch ein kleines Lagerfeuer mit Einheimischen und Urlaubern – wie nett!

 

 

12.3.16 – Zurück nach Winnipeg

 

Der Abschied von Churchill fiel nicht leicht. Ein letztes Frühstück bei Gypsy‘s Bakery, ein paar letzte Fotos und Souvernir-Käufe, Hände schütteln und Umarmungen. Werde ich diesen kleinen Ort mit seiner speziellen Lage an der Hudson Bay, mit seinen ebenso speziellen Charakteren und den Hunden und Eisbären wieder besuchen? Ja, ganz bestimmt!

Am Flughafen herrschte kein Stress. Keine Ausweiskontrolle, keine Handgepäckkontrolle, es wurde einfach nur ein Häkchen auf eine Papierliste hinter den Namen gesetzt und los ging die 2-stündige Reise zurück nach Winnipeg. Ich war hundemüde und bekam vom Flug nicht viel mit. In Winnipeg warteten bereits meine Bekannten auf uns. Wir brachten nur schnell das Gepäck von Marcus und Max ins Hotel gegenüber vom Flughafen und hüpften ins Auto, weil Nikkis Sohn Noah ein Eishockey-Spiel hatte und wir dorthin eingeladen waren. Eine dreiviertel Stunde später fanden wir uns im Hockey-Stadion der kleinen Stadt Lorette wieder. Leider verlor Noahs Team 3:2 gegen die heimische Mannschaft. Für uns war es trotzdem der perfekte Abschluss einer schönen gemeinsamen Zeit in Kanada und wir nahmen uns vor, uns in Deutschland zu einem Eishockey-Spiel zu treffen.

 

Wir brachten die Jungs zurück zum Hotel und fuhren dann zu Nikkis Familie nach Hause. Hier wurden wir von zwei aufgeregten Hunden – Grizzly und Polar – freundlich begrüßt. Ich fühlte mich sofort wohl!

 

13.3.16 – Ein ganz normaler Sonntag

 

Ein gemütlicher Sonntag auf dem Land in Manitoba – Ein ausgedehntes Frühstück mit Waffeln und Bacon, dann fuhren wir zur Shooting Range um zu prüfen, ob der Weg passierbar ist oder es aufgrund der Schneemelze nicht geht, weil man im Matsch stecken bleiben würde. Ich fuhr mit Tochter Layne und den beiden Hunden auf der Ladefläche des Pickup Trucks – cool! Die Hunde hielten ihre Nasen in den Wind und wir alle genossen die Fahrt. Wir kamen auch bis zur Shooting Range, aber es war schon sehr matschig, also entschieden wir, lieber im Garten zu schießen. Das macht man hier so und das bißchen Lärm ist auch am Sonntag ok – machen die Nachbarn ja auch. Ich traf sogar ein paar Mal und hatte viel Spaß. Am Nachmittag zeigte ich der ganzen Familie eine kleine Auswahl meiner Fotos aus Churchill und alle waren sehr beeindruckt, vor allem von den Eisbären und Nordlichtern. Am Abend gab es ein leckeres Essen mit Roastbeef und ein Gläschen Wein und ich ging noch mit Nikki in den Whirlpool. Jetzt fühlte es sich wirklich wie Urlaub an!

 

Grizzy & Polar

 

14.3.16 –  Wieder nach Churchill, naja so ähnlich…

Im Zoo von Winnipeg gibt es eine neue Ausstellung mit dem Namen “Journey to Churchill”, die musste ich natürlich sehen. Sie gilt als die beste Ausstellung zum Thema Eisbären in ganz Kanada und ist wirklich sehr informativ. Es gibt einen verglasten Tunnel, in dem man die Eisbären beim Schwimmen zuschauen kann, eine Aufzuchtstation für verwaiste Eisbärenkinder und ein Informationszentrum über Churchill und Eisbären generell. So konnte ich ich Nachhinein noch einiges über den Ort erfahren, den ich gerade besuch hatte. Ein schöner Abschluss einer fantastischen Reise!

bottom of page